Olivia Wiederkehr is an artist with a background in scenography who works across media. From photography, drawing, video and sculpture, to costumes, choreographed performances and room-filling installations in both museum and public contexts. Wiederkehr was born in Schlieren in 1975, lives and works in Zurich and Brugg.
She studied stage design and fine arts in Berlin (KHB) and Basel (FHNW) and completed a Master Fine Arts in Zurich (ZHdK). She teaches project-based artistic education in public schools and at art colleges (ZHdK), was a long-time board member of the Klingental exhibition space, and co-founder of the Panch Performance Art Network Switzerland. Her works are represented in collections of the city of Zurich and by private companies. At irregular intervals she curates and organises performance events and festivals. She recently received a travel grant from the Canton of Aargau to deepen her political interest in Greece. Her busy exhibition schedule and invitations to perform have taken her regularly to Switzerland and abroad in recent years.
PRIZES/SCHOLARSHIPS
2021 Travel grant (Greece), Aargauer Kuratorium
2004 StArt Art Promotion Prize, PriceWaterHouseCoopers, Basel
NOMINATIONS
2016 Work Scholarship of the City of Zurich
ARTIST IN RESIDENCY
2017 Y-RESIDENCY, Athens (GR), 1 month
2020 YellowBrick Collaboration Space Athens (GR), 1 month
PURCHASES
2020 ART COLLECTION CITY OF ZURICH
2021 ART COLLECTION OF THE CITY OF BRUGG
PUBLICATIONS
2015 Catalogue for the group exhibition „Auf in den Süden“
Publisher: City of Zug, Department of Culture, Jaqueline Falk
2020 Publication „20 Years of the Performance Series Neu Oerlikon
Amsel Publishing House, Zurich
GROUP EXHIBITIONS (SELECTION)
2021 MY HOME IS MY CASTLE – Forum Schlossplatz, Aarau
SPAZETT – Zimmermann House, Brugg
2020 COME AWAY! Art Pavilion PTTH:// Lucerne
2019 REGIONALE 20 – Kunsthaus Palazzo, Liestal
2018 ALL FASSADE – Art Halls Toggenburg
GÜNTHER – Tommasini, Lenzburg
2017 CHAMBER OF FINE ARTS – Kanonaegassbar, Zurich
STANZE – Villa Renata, Basel
2016 SCH! – Exhibition space Klingental, Basel
WERKBEITRÄGE of the City of Zurich – Helmhaus, Zurich
2015 LEBENSLÜGEN – FabriCulture, H genheim (F)
PERFORMATIVE AKTE – O.T. Space for Contemporary Art, Lucerne
AUF IN DEN SUEDEN – old cantonal hospital, Zug
CENTRE PARTING – Kaskadenkondensator, Basel
2014 MASTER FINE ARTS – DIPLOMAUSSTELLUNG Shedhalle, Zurich
2013 REGIONALE 13 – FabriCulture, H genheim (F)
2012 GALLERY AT THE FLOWERMARKET, Shanghai (CHN)
SOLO EXHIBITIONS
2022 HOW TO GENERATE WISDOM – Kunstraum Aarau
2020 YES!YES!YES!NO!NO! – Kunsthalle Wil, SG
2019 THE (UNDER)DIVISION OF THINGS I – AXA Superblock, Winterthur
VULNERABLE TENSIONS – Temporäre Dorfkirche Winterthur-Veltheim
2016 AS OB – Kiosk Tabak, Zurich
2015 SHELTERING SHARED SPACES AND MOMENTS IN FRICTION – Tart Zurich
2014 GANZ UNVERHOFFT HEUTE MORGEN – kunstraum utengasse-sechzig, Basel
2014 SPACIAL PRACTICE IN DAILY USE – Kiosk Tabak, Zurich
PERFORMANCES (SELECTION)
2021 YES!YES!YES!NO!NO! – Ural Biennial, Ekaterinburg (RU)
2020 YES!YES!YES!NO!NO! – YellowBrick, Athens
2019 VOLUMES OF NOISE AND SILENCE – Walcheturm, Zurich
PINK.PONK.SLOW. BlauBlauFestival, Zurich
2018 PINK.PONK.SLOW. Stereoscope Performance Festival, Zurich
PFAUENAUGE – with b-for music, Lungenfisch, Zurich
2017 FLEISCH WERDEN – Dolder Waldhuus, Zurich
HALBLICHT – Stereoskop Performance Festival, Zurich
LEGS – Performance Relay, Giswil
HOW TO GENERATE WISDOM PART I – Y-Residency, Athens (GR)
2016 HIDING WINGS – Exhibition space Klingental, Basel
CLAPPING – Sihlquai 55, visarte, Zurich
FLEISCH WERDEN – Tart Gallery, Zurich
FAHNEN HISSEN – Performance Festival Lenzburg
THE GOLDEN PEPERONI OF HOLLIGEN – transform, Bern
L’ANNIVERSAIRE d’ART – Galerie Palais, Neuchatel
2015 3X100METER – Performance Series Neu Oerlikon
GRENZSPAZIERGÄNGE – O.T. Space for Contemporary Art, Lucerne
BORDERS, OAKS, LINES – O.T. Space for Contemporary Art, Lucerne
SPACIAL PRACTICE NR.2 REMIXED – Aubette, Strassbourg (F),
2014 SPACIAL PRACTICE OF DAILY USE – Performance Festival Isarsprudel, Munich (D)
SPACIAL PRACTICE OF DAILY USE – Act Day Zurich
2013 SPACIAL PRACTICE OF DAILY USE – Emma Museum, Helsinki (FIN)
SPACIAL PRACTICE OF DAILY USE – Galerie Dimanche Rouge, Paris (F)
LE JEUX EST FAIT- L’ESPACE PERDU – Perla Mode, Zurich
2012 LE JEUX EST FAIT – L’ESPACE PERDU – Kunsthallen Toggenburg
SINGING WITHOUT SOUND – Shanghai, China (CHN)
2011 THE WHITE CUBE – Kunstraum Lessingstrasse, Zurich
2010 DIE EINGELADENEN ENTLADEN – Kaskadenkondensator, Basel
2009 STUNT No.1 – Cargobar, Basel
STUNT No.5 – LEERTASTE – Kunstverein Freiburg (D)
2008 STUNT No.2 // STUNT No.3 – Kunstraum Riehen
2007 STUNT – Kunsthalle Basel
CURATORIAL PROJECTS
2014 -2020 Board member of Ausstellungsraum Klingental, Basel
2019 PERFORMATIVE STRATEGIES OF FRAGILE SPACE, Ausstellungsraum Klingental, Basel
2018 LEGS PERFORMANCE RELAY – with Maricruz Penaloza, Ausstellungsraum Klingental, Basel
2013-2015 PANCH – Performance Art Network Switzerland, collaboration and co-founder
2009-2010 JARDIN ROUGE – Platform for Performance Art, Curation/Organisation, Zurich
24.12.2015, 11:36 Uhr
«Warten. Glauben. Hoffen.» steht in der Beschreibung zum auffälligsten Regionale-Werk, das die FABRIKculture in Hégenheim momentan ausstellt: Ein rotes Boot, zur Seite gekippt, gehalten von einer Anzahl kräftiger weisser Bänder. Man staunt. Und sofort kommen die Fragen:
Geben die Bänder dem Boot Halt oder zwingen sie ihm eine unnatürliche Position auf?
Drücken sie es zu Boden oder bewahren sie es vor dem Kippen?
Und umgekehrt? Stützt das Boot die Bänder oder überdehnt es sie?
Dann plötzlich: Moment. Ein Boot. Warten, Glauben, Hoffen. Das muss was mit Flüchtlingen zu tun haben.
Oder?
Olivia Wiederkehr schüttelt den Kopf und erzählt lachend von einem Zeitungsartikel, in dem sie jüngst als «Flüchtlingskünstlerin» bezeichnet wurde. Das funktioniere natürlich als Erklärung, ganz klar, nur sei «Warten. Glauben. Hoffen.» entstanden bevor die Flüchtlingsthematik die breite öffentliche Aufmerksamkeit erhalten habe. Dass das kleine rote Boot auf so explizite Weise rezipiert wird, findet die Künstlerin interessant: «Es ist eindrücklich mitzuerleben, wie sich ein Werk immer wieder in einen neuen Kontext einfügt und Aufmerksamkeit erhält.» Trotzdem: Mit Flüchtlingen habe die Arbeit nun wirklich nichts zu tun.
Womit dann?
Dazu muss man etwas ausholen: Olivia Wiederkehr lernte Dekorationsgestalterin, war einige Zeit als Kostüm- und Bühnenbildgestalterin am Theater St. Gallen tätig, dann als Bildhauerin in Berlin und schliesslich am Institut für freie Kunst der Zürcher Hochschule der Künste, wo sie 2014 das Masterstudium abschloss. Dazwischen Ausstellungen, Malerei und immer wieder Performance-Projekte, in denen jenes weisse Band – im Industrie-Jargon «Webbing» genannt – eine Rolle spielte: als Gespann über dem Kunstpavillon im Garten der Universität Bern oder als Grenzmarkierung in einem Zürcher Park.
Die Bänder sind von der Schweizer Armee, die daraus Auffangnetze webt – um F/A 18 auf kurzen Landebahnen vor dem Crash in Einfamilienhäuser zu bewahren, wie Wiederkehr später bei Kaffee und Mineralwasser erzählt. Auffangnetze für Kampfjets? Das ist ja besser als in jedem Film! Die Künstlerin lächelt und nickt, ihre grünen Augen funkeln: «Crazy, oder?»
Die Kampfjet-Bänder machen nicht nur einen signifikanten Teil ihrer Arbeit aus, sie spiegeln auch ihre Faszination für das Verhältnis von Mensch und Natur. «Der Mensch will stets die Natur bezwingen und für diesen Wettkampf muss er sich rüsten, er braucht Schutzhüllen, wie Kleidung oder Zelte. Er muss Räume schaffen, die ihn einerseits von der Natur abgrenzen, andererseits mit ihr in Verbindung setzen.» Sie nimmt einen Schluck Mineralwasser. «Wir bauen Schutzräume, nicht nur haptische, auch mentale, um ein Bewusstsein dafür zu schaffen, was um uns herum passiert.»
Genau mit diesen Räumen setzt sich die Künstlerin in ihrem Werk auseinander. Unter «Räume» versteht sie nicht nur kammerartige Gebilde, sondern etwas, das geschieht, wenn ein Mensch mit seinem Umfeld agiert: «Sobald wir aufeinandertreffen, entsteht ein ephemerer Raum.» Wiederkehr zeigt auf ihr Wasserglas und den Kaffee. «Wir beide hier schaffen für kurze Zeit einen Raum und wenn ich dann auf den Zug zurück nach Zürich muss, lösen wir diesen Raum auf.»
Es sind allgegenwärtige Momente, Räume, die man ständig neu aufbaut und abbricht, in die man eindringt und sich wieder hinausschleicht. Sie können unterschwellig und ephemer sein, flüchtig wie jene unserer Begegnung, oder aber explizit – wie die orangefarbenen Zelte oder High-Tech-Schlafsäcke, die Wiederkehr immer wieder für Performances und Installationen einsetzt. Aus Materialien, mit denen man sich vor der Natur schützt, während man versucht, ihr so nahe wie möglich zu kommen. Und dabei immer wieder realisieren muss, dass sich der Raum zwischen zwei Entitäten nie ganz auflösen wird. Man kann nur versuchen, ihn so spürbar wie möglich zu machen.
Wenn wir uns jetzt nochmals vors Boot stellen, ist es plötzlich gar nicht mehr so wichtig, ob es nun niedergeknüppelt, geschützt, gerettet oder gefangen ist, ob es das Thema Flüchtlinge zitiert. Die Diskussion findet woanders statt, und zwar da, wo sie angefangen hat: beim Titel. «Warten. Glauben. Hoffen.» Er öffnet nicht nur den Raum, sondern verbalisiert unser Verhältnis zu ihm, zum Boot, zur Kunst, ja, zum Leben. Man wartet: Wie lange hält diese Konstruktion? Hofft: Bitte, lass sie halten. Und glaubt: Ja, sie hält.
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Regionale 16, FABRIKculture, 60, rue de Bâle, F-68220 Hégenheim, bis 10. Januar 2016.